leider ist dies hier einer der vielen verlassenen Internetbahnhöfe auf deren Bahnsteig schon das dürre Gras zwischen den Platten hervorwächst und wo der Wind mit zurückgelassenen Gepäckstücken spielt. Die vielen Zettel an den Wänden und der volle Fahrplan signalisieren längst verblasste Träume von Ferne und Abenteuer. Die Gleise sind von Flugrost befallen und kein philosophischer Transport hat in der jüngeren Vergangenheit die Gleise geschliffen. Ich schaue hier ab und an vorbei, sozusagen als alter Bahnwärter mit Ölkanne und schmierigem Lappen. Es könnte glatt jener Bahnhof sein, aufdem Heidegger einst die Langeweile entdeckte, die er im Wintersemester 1929/30 zum Gegenstand seiner 'Grundlagen der Metaphysik' machte und der philosophischen Reflexion zuführte.
Ich glaube im übrigen nicht das Heidegger sich "gewissen Standards der Argumentation" unterworfen sah, wenn man darunter den Ansatz des 'linguistic turn' versteht, also den Satz als Aussage, als Grammatik und/oder als wahr/falsch. Gerade darin sah H. ein Mißverständnis der Zeitstruktur der Sprache wenn man von ihr als "Sprache haben" oder "eine Rede halten" und dann "eine Aussage machen" spricht. Folgender Satz zeigt das an: "Hören und Schweigen sind Möglichkeiten des redenden Sprechens." (S.u.Z. § 34, S. 161). Hier zeigt sich deutlich, das H. Phänomene "innerhalb" der Sprache bedenkt die in keinem linguistischen oder sprachlogischen Ansatz vorkommen, ja vielmehr sogar ausgeschlossen werden a la Wittgensteins "Schweigen".
es geht beim TND vor allem darum, das man bei dem Versuch einer widerspruchsfreien formalen Beschreibung (formallogisch)von selbstrückbezüglichen oder selbstreferenziellen Systemen in die Situation eines infiniten Regresses kommt. Das heißt die formale Beschreibung von allen lebenden Prozessen gerät in Widersprüche. Auch und ganz besonders bei solchen Beschreibungen die sich abmühen die Leistungen die der Subjektseite zugeschrieben werden, also denken, entscheiden, handeln widerspruchsfrei zu notieren. Wenn die Beschreibung nicht die klassische aristotelische Axiomatik (Satz der Identität, Satz vom Widerspruch und TND) verlässt (besser gesagt diese nicht übersteigt und einbezieht), so die Vertreter der Günther-Tradition, gelingt das Vorhaben nicht. Die klassische Logik ist, so zb Günther, Kaehr, Goldammer und die anderen Vertreter einer transklassischen Logik, eine monokontexturale Logik. Für diese gilt, Eine logische Aussage ist entweder wahr oder falsch. Sie ist exakt eines von beiden (A=A, arist. Satz der Identität), eine logische Aussage kann nicht zugleich beide Werte annehmen (arist. Satz vom verbotenen Widerspruch) und sie kann nicht einen anderen Wert annehmen, also einen Dritten Wert annehmen (Satz vom ausgeschlossenen Dritten).
Wenn wir allerdings das TND vernachlässigen würden, hätten wir wohl gewisse Probleme besonders in technischen Apparaten. Wenn dein PC, das TND (beachtet durch die Allgoritmen in der Programmsprache des Betriebssystems) nicht "beachten" würde, würde er, wie es so wunderbar theatralisch heist, "sich aufhängen", ein wahres Drama:-). In gewisser Weise schließt die Befolgung des TND bei der Konstruktion technischer Artefakte den Zufall aus. Stell dir eine verkehrsreiche Kreuzung mit Ampelanlage vor die es den Ampeln überlässt Rot, Grün oder eine x-beliebige dritte Farbe anzunehmen (lol).
alles in Butter. Der Hintergrund scheint mir jetzt heller. Vielleicht eine temporäre Fehlleistung meiner Kontextwahrnehmung (lol). Jedenfalls... lass es wie es ist...
ich habe eine Bitte bezüglich der grafischen Umgestaltung des Forums. Auf meinem Bildschirm kann ich die schwarze Schrift vor dem dunklen Hintergrund kaum lesen. Die Weisse Schrift ist wunderbar zu erkennen. Könntest du dies ändern? Sonst wäre es für mich wie die Weiterführung von Aristoteles exo- resp. esoterischer Schrift. Die Schwarze verschwände so für mich im Nebel der Geschichtsläufe :-)
in a first view, we call a maschine a maschine because it is determinate, or we call it a maschine because it is 'not life'. (Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam) It is a composition of hierarchical organised frozen desicions.
duns
more in a few days in german because when i must write english i must think english and thats disastrous for me. :-)
Vordenker, auch Nachdenker. Die Seite von Eberhard von Goldammer und Joachim Paul mit vielen Essays zum Thema sowie einer umfangreichen Sammlung von Aufsätzen Gotthard Günthers im PDF-Format. (englisch/deutsch) http://www.vordenker.de/
einzelne Aufsätze und Essays auf die ich besonders hinweisen möchte:
Joachim Castella: Kontextur Différance Kenogramm Dekonstruktive Bemerkungen zur Symbol-Subsymbol-Debatte in der KI http://www.thinkartlab.com/pkl/ics.htm
ein, zwei Fragen: Muss man die Kunst, die Mimetik ist und die sich an ihr Anderes, an die Natur in dieser Art anlehnt oder auf diese bezieht, unbedingt "Erkenntnis" nennen? Wie sieht es aus bei der "Entdeckung" der Zentralperspektive, bei Piero de la Francesca? Ist nicht von da an, das was wir normalerweise "Erkenntnis" nennen, dem künstlerischen Akt vorläufig, das Ge-setz der Geometrie, das Ge-setz der Mathematik, das Ge-setz der Logik? Sieht nicht Michelangelo bereits im rohen Marmorblock wie "seine" Plastik darin angelegt ist, bevor er den ersten Schlag setzt, und ist dieser Blick "vorher" nicht schon Erkenntnis?
Bezieht sich die Mimetik wirklich, wie du schreibst Temp, auf die Natur oder nicht vielmehr auf deren Prinzip der Schöpfung?
Die Metaphysik HATTE unter sehr vielen anderen Aspekten, auch den Aspekt über den Gedanken der Totalität ein Kosmosmodell zu entwerfen das den Menschen als vollkommen geborgen und geschützt "beinhaltete" als Schutz vor der Möglichkeit ins absolute Nichts zu fallen. Das stellt P.S. zum Beispiel dar, an den Kosmosentwürfen von Platon und Aristoteles (zb. Reflexionen über die Kugel in Bezug auf das Mosaik von Torre Annunziata).
* “Das Konzept Arche (…) enthüllt den sphärologisch radikalsten Raumgedanken, den Menschen an der Schwelle zur Hochkultur zu konzipieren fähig waren: dass nämlich die künstliche, abgedichtete Innenwelt unter gewissen Umständen zur einzig möglichen Umwelt für ihre Einwohner werden kann. Damit wird ein neuartiges Projekt in die Welt gesetzt: die Vorstellung von der Selbstbergung einer Gruppe gegenüber einer unmöglich gewordenen Außenwelt.” (Sphären II, 251)
* "[...] dass Mauerbauen sowieso einen militärischen Grenzwert hat und dass man in Zukunft den Zufall nicht vollständig bannen kann; diese Botschaft kommt auf einem merkwürdigen Wanderweg aus Mesopotamien nach Griechenland, wird dort begriffen und landet in der Intelligenz Platons, der nun die Errichtung dieses großen Immunsystems, das die Stadt ursprünglich gewesen ist, ein militärisches Immunsystem, mit einem ungeheuer kühnen metaphorischen Akt in den Kosmos hinausverlagert. Er beschreibt das Weltall als Ganzes so, als sei es eine Weltstadt." (O-Ton Sloterdijk, HR2 17.03.04)
* “Dem Lebewesen aber, das bestimmt war, alle Lebewesen in sich zu umfassen dürfte wohl die Gestalt angemessen sein, welche alle irgend vorhandenen Gestalten in sich schließt; darum drechselte er sie auch kugelförmig, mit gleichen Abständen vom Mittelpunkt nach allen Seiten zu den Endpunkten und kreisrund, die vollkommenste und sich selbst ähnlichste aller Gestalten.” (Platon, Timaios, 33b)
Was hier also geleistet wird ist nichts anderes als Versicherungsstrategie in perfekter Form. Das Risiko muss da ausgeschlossen werden wo die erste Ursache entstehen könnte. Für Aristoteles ist die äußerste Hülle, die göttliche Sphaira, von solcher Perfektion, das es auf ihrer gedachten Aussenseite NICHTS geben kann. Sie ist "aussen" so glatt, nicht weil sie perfekt gearbeitet ist, sondern weil es, logisch, nichts geben kann in das eine Unebenheit hinausragen könnte. Wie kann das Sicherheitsbedürfnis des denkenden Menschen besser gesichert werden als dadurch das man eine Grenze konstituiert die durch das Denken nicht negiert werden kann.
* “Denken heißt jetzt umziehen in das, woraus keine weitere Entwurzelung mehr möglich ist.” (Sphären II, 361)
Das wir, im 21 Jahrhundert angekommen, längst wieder aus dieser Kugel ausgezogen sind ist klar. Gott ist tot, die Kugel ist tot! Sloterdijk beschreibt hier in einem großen Bogen, wie im Zuge der eigentlichen "Globalisierung" ein Umzug stattgefunden hat aus dem Innenraum der perfekten Kosmoskugel auf deren Oberfläche. Auf dieser Oberfläche steht der Mensch dem entgrenzten Raum gegenüber. Der eigentliche Gedanke, der die perfekte Kugel porös macht, ist der Gedanke der Unendlichkeit wie er in der Scholastik entwickelt wird. Man spielt förmlich mit einem Gedanken, dessen Konsequenzen man nicht überblickt.
* “Sobald der Durchmesser den Wert unendlich erreicht, verliert die Peripherie ihren Wölbungscharakter, da der Umfang des unendlichen Kreises als Gerade zu zeichnen ist. Also fällt das Innere des Pseudo-Kreises ins Heillose zurück. Es gibt kein Inneres mehr; … Alles ist außen.” (Sphären II, 550/51)
Dieser Infinitismus ist die Initialzündung zur Moderne. Seine Ursache ist theologischer Natur. Vielleicht ist das der eigentliche Grund weshalb im Vatikan die Bibliothek der Inquisition bis ins Jahr 2000 geschlossen war. Wie könnte man die gottlose Moderne kritisieren wenn man zugeben müsste das man selber das Kartenhaus zum Einsturz gebracht hat. Der "fundamentalistische Relativismus" (Papst Benedikt XVI) ist hausgemacht.
ich bedaure außerordentlich das mein, seit langem schon abgestorbenes, Englisch es mir versagt an eurer Diskussion wirklich teil zu nehmen. Die Unzumutbarkeit dir gegenüber, die Texte die hier auf Deutsch geschrieben werden und die an NID und Blue gerichtet sind zu übersetzen, zeigt sich mir auch deutlich. Ce la vie
... Auch bei Wittgenstein gibt es ja "Das" worüber wir schweigen sollten wenn wir auch mit dem diesseitigen Rest tatsächlich eine Katharsis oder eine Sprachklärung gewinnbringend erleiden können. Mir scheint aber vielmehr, dass dieses Beschwiegene oft viel mächtiger zu uns spricht (uns anspricht), als die Kaufhausmusik unserer Alltagssounds. Es fragt sich, wer ist mehr Sklave? Der, der stets an der Schwelle steht und sie bewacht, oder jener der sieht wie abgenutzt sie ist und sich Gedanken macht? ...
... "Sobald die Konzentration nachläßt..." Ich dachte auch immer, auf meinen Streifzügen durch die Texte der Philosophen, ich würde bald nur noch Wälder und keine Bäume mehr sehen. Ganz mir selbst mißtrauend, setzte ich bald meine Mißinterpretationen schon voraus bei jedem 'deja vue'. Noch Heute, obwohl meine Obsession in Sachen Philosophie schon länger als die Hälfte meines Lebens dauert, komme ich mir immer noch wie vor Raimond Chandlers Marlow, jener graudunkle Held, der Nachts durch matterleuchtete Gassen streift auf der Suche nach der Wahrheit und der doch immer weniger weiß als alle um ihn herum. Ist er nicht ein Stellvertreter für Blumenbergs framentarisches Dasein, das nicht einmal mehr die Fragmente, die wenigen, zusammenbringt? Aber zurück zu den Wäldern... vielleicht sind es ja tatsächlich welche...
lol, das Ding mit dem performativen Widerspruch funktioniert wirklich immer. Schöne Glosse auf deiner Seite.
Für mich fängt ein Philosoph dann an Philosoph zu sein wenn er, neben der Analyse, besser gesagt "vor" der Analyse, sich darüber im klaren ist, dass er eine Setzung setzt, oder eine Unterscheidung trifft, oder simpel der Aufforderung von Spencer Brown folgt: draw a distinktion. Die Frage ist nun, was liegt jenseits (im hierarchichen Sinn von "vor" oder "unter" oder "tiefer") dessen was man mindestens braucht um überhaupt "Bestimmbares" oder "Erkennbares" zu erhalten. Mit Rudolf Kaehr gefragt: Was ist der Schied des Unterschieds?. Nochmal anders gefragt: wo liegt die Grenze oder was konstituiert sie oder kann ich hier überhaupt noch mit Hilfe eines Ursache/Wirkungsmechanismus fragen und ist das dann Metaphysik?
was haltet ihr von einem gemeinsamen "Portal" zB "Netzwerk Philosophie" für alle Internetaktivitäten der hier Beteiligten seien es private Homepages oder Foren, Chats oder Literaturquellen, Audiopages oder, wer weis, demnächst Videopages. usw. usf.? Einfach nur 1 Seite von der aus die interessantesten Links geschaltet sind. Sie könnte etwa so aussehen:
grüße Duns
ps. Nauplios, bin nicht sicher inwieweit deine Seite das sein sollte?
Hallo liebe Altgriechen, es geht auch in Windows XP Home ohne Unicode nur über die Anweisungen dieser Seite: http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/Thoma...polytonisch.htm Eure Probleme mit Explorer und Netscape kann ich nicht rekonstruieren IP hab ich gelöscht und bei Netscape funktioniert die Darstellung einwandfrei. Vielleicht denkt Bill Gates ja "Altgriechisch" sei nur was für Speisekarten in alten griechischen Restaurants?
du gehst zu diesem Link: http://www.gottwein.de/Grie/gr_textestart.htm wählst einen Text (zB. den Aisopos > Aesop.1), scrollst die Seite nach unten und findest dort "Griech.Schrift", klickst darauf und kommst auf "Altgriechische Schrift in HTML-Dateien - Unicode". Dort steht eine ausführliche Gebrauchsanweisung wie man die Codes in WinWord implementiert. Wichtig ist noch, dass man einen Browser hat, der den Code später auch lesen kann damit die Zeichen dargestellt werden können. Ich habe FireFox. Der ist ziemlich neu und kann das. Netscape ab 7.1 kann das auch.
Also, man kann dann in Word tippen und über den Speicher kopieren und einfügen.
ich bin des altgriechischen nicht mächtig, wollte aber immer Heidegger lesen ;-) und stand eben vor diesem Problem. Mit der Zeit habe ich mir die Stellen in H´s Texten nach und nach selber übersetzt, bzw. bin den Quellen nachgegangen um die Stelle übersetzt zu finden, sofern sie nicht bei H. selber übersetzt sind (was fast nie der Fall ist). Mittlerweile funktioniert das in vielen Fällen ohne das ich nachschauen muss. Mit dem Internet funktioniert das noch viel besser. Auf der Seite von Gottwein ist alles was man braucht.
bin begeistert, jetzt haben wir also die Diffe(a?)renz zwischen Rede und Schrift überbrückt.
Ist es nicht seltsam, dass wir in der Stimme des Anderen so viel mehr "lesen" können als in und durch die Schrift und die Texte? Das die Stimme mehr Kontext für uns bereit hält als jeder Text. Und das uns auf der anderen Seite die eigene Stimme so unendlich fremd ist, so als käme sie von einem anderen Stern, so als würde sie uns die Identität mit uns selbst vorenthalten? Welche Stimme hören wir wenn wir denken und welche Stimme ist es die spricht und erst recht, welche hören wir auf dem Tonband?
Na ja, ich jedenfalls werde mir jetzt noch ein Headset zulegen!
zunächst, ich habe Respekt davor wie Menschen für sich 'Sinn' generieren. Ich bin zwar davon überzeugt, das Menschen dies können, auch ohne das einer von sich behauptet zum Stellvertreter Gottes auf Erden von Gott himself bestellt zu sein. Wenn jemand diese Instanz dennoch benötigt und mit ihr auch diese ganze Institution als Gemeinschaft der Gläubigen, warum auch immer, kann ich das auch tolerieren. Leider bleibt es nicht bei diesem 'für sich' und 'für die Gleichgesinnten'. Es kommt zu einem Absolutheitsanspruch (Jaspers). Der ist in der katholischen Kirche nach wie vor ein zentrales Moment neben einer ganzen Armada dogmatischer Traditionen, die in modernen Zeiten geradezu gefährlich sind. Was diese Dogmatik mit Blick auf das Thema Empfängnisverhütung bedeutet, beispielsweise in Afrika, muss ich nicht lange erläutern. Was diesen nach wie vor bestehende Absolutheitsanspruch angeht, wie verdeckt er auch immer vorgetragen wird, so sehe ich in ihm eine Zeitbombe die mit der Globalisierung scharf gemacht wird. Sehen wir näher hin, ist es exakt dieser Anspruch, der die Globalisierung überhaupt im innersten angetrieben hat.
Sinn generieren, so lesen wir in Sloterdijks 'Sphären I, II, und III', so wie in dem aktuellen Teil-Prolegomenon 'Im Weltinnenraum des Kapitals', zielte stets auf eine höchstmögliche Immunisierung menschlicher Lebensgemeinschaften gegen jede Form des Übels ab, dabei zentral im Hinblick auf thanatologische Traumatisierung. Das Ganze war das Wahre, weil es verhinderte das Mensch und Seele im Nichts verschwinden können. Die Welt ist alles was den Fall verhindert.
ich schaue soeben, via TV auf den Petersplatz in Rom. Eine Laiche wird besungen. Massen in Verzückung. Ein Helicopter zeigt die klassische Dreiteilung der mittelalterlichen Gesellschaft, Klerus, Adel (Polit-Adel), und das gemeine Volk, alle zusammen in absoluter Geometrie, konzentriert auf das Zentrum der Welt, das ewige Rom. George Bush, Senior und Junior erweisen dem "alten Europa" ihre Referenz. Es ist klar, der jüngere der beiden sieht in diesem "alten Europa" das neue. Lag nicht der Capitol Hill immer schon in Rom? In den Medien diskutieren seit einer Woche Atheisten und Christen über den Wert der Religion und die Gefahren der Aufklärung. Über den Event-Charakter des heiligen Hokus-Pokus fließt die religiöse Inbrunst in die trocken gelegten Auen der Aufklärung zurück. Das Lebenswerk des Verstorbenen wird besprochen und man wundert sich, wie aus einem erzkonservativen Katholiken, der Bezwinger des Kommunismus wird. Selbst Frauen beginnen zu verstehen wie die Dogmatik der unbefleckten Empfängnis und ihre eigene Unfähigkeit zum Priesteramt sich durch tiefere und tiefste theologische Interpretation der Vernunft erschließt. Letzlich hat die katholische Kirche "bereits" 1966 Immanuel Kant vom Index genommen. Langsam finden wir zu der Erkenntnis, das die Mandarine des Vatikan den weiblichen Körper doch grundlegender verstanden haben als andere und erst recht als Frauen selbst. Wen wunderts, das man ihnen jetzt die Entscheidungskompetenz in Fragen der Abtreibung nicht mehr länger abstreiten kann? Auch Extremsportler bekommen den Eindruck vermittelt, das der Zölibat erst recht der letzte Kick ist und besser als jeder Sprung vom höchsten Turm. Ohnehin war Empfängnisverhütung eher etwas für Feiglinge. Jetzt erscheint die Forderung nach Repräsentanz der christlichen Grundwerte in der Europäischen Verfassung im rechten Licht. Man könnte ja auch noch präziser werden und betonen das Homosexuelle in Sünde leben und geschiedene Männer und Frauen kein öffentliches Amt bekleiden sollten.
Was ist bloß los mit den Philosophen?... Wenn ich es mit dem linken (oder rechten Ohr?) richtig vernommen habe, stellt auch Habermas sich in letzter Zeit die Frage ob die Demokratien westlicher Prägung ihre Werte so vollkommen ohne religiöse (letzlich christliche) Fundamente generieren und ob nicht dieser Fundus seit der Aufklärung stetig verdeckt im "inneren Maschinenraum" säkularer Gesellschaften am Werke war und ist.
Da gab es doch vor einigen Monaten diese Diskussion zwischen Habermas und Joseph Kardinal Ratzinger, seines Zeichens Chefinquisitor des Vatikan und Wächter über die Dogmen die der unfehlbare Papst ex cadedra erlässt. Jener Ratzinger, der zur Zeit die führerlose katholische Kirche führt vermeinte dereinst, die liberale Gesellschaft sei ein hochgefährlicher Aberglaube, weil sie, gewachsen auf dem Boden der Aufklärung, die Adäquatio zwischen Glauben und Wissen jäh entzweit habe. Nun, ich glaube man erkennt auch Heute noch den rechten Kirchenmann daran, das man ihm den kleinen Finger bietet und er nimmt sich die ganze Hand.
Habermas, der negiert das es notwendige vorpolitische Substrate geben müsse an denen sich der Legitimitätsbedarf des Verfassungsstaates nähre, gestand doch zu, dass es notwendig individuelle Tugenden gebe, die sich aus religiösen Grundüberzeugungen ergäben. Für mich klingt das alles nach Rückzugsgefecht und danach die neue Suppe mit alten Rezepten wieder schmackhaft zu machen. Salopp; ein wenig Religion kann nicht schaden. Gegen Greg Venter und Wolf Singer und George W. Bush helfen halt nur die alten Besen weil die gut kehren.