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Dieses Thema hat 56 Antworten
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 Philosophische Lektüre 1
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Angelia ( Gast )
Beiträge:

24.09.2004 11:43
#16 RE:Frage Antworten


Hallo Alban hallo Isabelle

Ich freue mich das ihr da seit, dass das Symposion und somit alles rund um die griechische Mythologie nun nicht so schnell im Sand verläuft. Ich bin gestern erst aus dem Urlaub zurück gekommen, brauche noch ein paar Tage um mich in die Diskussion einzufinden und steige dann gern wieder ein. Da ich in Griechenland war und einiges Neue dazugelernt habe, hoffe ich auf eine angeregte Unterhaltung

Bis dahin

Liebe grüße
Angelia

Angelia ( Gast )
Beiträge:

25.09.2004 13:50
#17 RE:Frage Antworten

Liebe Freunde Platons

Unsere Beiträge rund um das Symposion und speziell die über die Rede der Diotima umfassen nun schon 38. Ich habe alle noch einmal gelesen.
Aus einer Zusammenfassung der Rede der Diotima haben sich unzählige neue Diskussionsgrundlagen ergeben die alle noch offen sind und wir nun eine Sammlung von zusammengetragenen Gedanken haben. Aber irgendwie kam mir in den Sinn, dass noch kein richtiger Diskussionsfaden entstanden ist. Was meint ihr? Wie sollen wir weiter machen? Ich bin etwas ratlos, da ich nicht weiß wo ich nun ansetzen soll und bitte um euren Rat. Ich habe spontan ein paar Fragen die man aufgreifen könnte, aber nicht muss.


Was ist denn nun der eigentliche Sinn unserer Reden?
Aus welchen Quellen schöpften die Griechen? Auf welcher Grundlage konnte das Symposion / die Rede der Diotima überhaupt entstehen?
Eros, um den es ja hier geht, galt lange als Gott der Liebe nach Hesiod entstanden aus dem Chaos.
Nun scheint Eros doch ein dämonischer Philosoph zu sein, zeugt im Schönen, der in Sokrates seine Verkörperung zu finden scheint. Warum gerade in ihn? Was Ist ein EROTiker?
Wenn Eros aber kein Gott ist, was ist dann mit all den unzähligen anderen Göttern der griechischen Kultur?
Wie konnte diese Vielzahl an Göttern zustande kommen?
Was hat es mit der Unsterblichkeit wirklich auf sich? Sollen wir hier ansetzen und Phaidon lesen?
Was ist denn nun platonische Liebe?
Was ist denn nun das Urschöne? Wie kann eine Hyäne schön sein?
Wo sind die metaphysischen Aspekte, gibt es welche und welche sind das?
In welchem Zusammenhang stehen diese wenn dann mit der Ideenlehre Platons?
Gibt es im Symposion erste unterschiedliche Strömungen vom verstehen wollen kultureller Leistungen und ihrer Entstehungszusammenhänge, sowie der Suche nach allgemeingültigen Gesetzen um Einzelphänomene erklären zu können?

Was hat das alles heute noch mit und zu tun?

Ich hoffe auf euren Rat und liebe Grüße
Angelia


Alban ( Gast )
Beiträge:

27.10.2004 18:35
#18 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
erst gestern habe ich wahrgenommen, dass es nach meinen Beiträgen weitergeht - die Technik dieses hompagemodules ist für mich manchmal geheimnisvoll.
Du hast Recht, es tauchen jetzt die vielen Fragen auf. Mir scheint, die dringlichste wäre zu klären,
was denn "Fortzeugung im Schönen" sachlich bedeutet, wenn und weil es da um das ZIEL des Eros geht.
(EROTiker ist übrighens der vom Eros erfüllte Mensch, eine bessere Schreibweise fiel mir nicht ein.)
Diese Frage würde auch an die von Derrida angeschnittene Thematik tippen, ohne dass ich nun in einen Derrrida-Kult verfallen möchte.
Wenn man nicht sachlich weiterfragt, bleibt in der Tat zu fragen, wozu man Platon liest.
Da gibt es nämlich die Klippen der bloßen Textimmanenz und des "heute wissen wir...", und dazwischen müssen wir hindurch.
Gruß, Alban

Angelia ( Gast )
Beiträge:

30.10.2004 12:11
#19 RE:Frage Antworten

Hallo Alban

Ja, die Technik macht mir auch manchmal zu schaffen

Deine Frage nach der Fortzeugung im Schönen erscheint mir ebenfalls vordringlich, wenn auch die Beantwortung für mich nur ein vorsichtiges herantasten sein kann und primär schon wieder eine Frage aufwirft.

Was ist mit das Schöne gemeint?
Wenn ich Platon richtig verstanden habe, dann ging er davon aus, oder vielleicht kann man sagen, seine Idee oder Vorstellung, Grundannahme war, dass die Welt und die Menschen im ethisch - moralischen Sinn im Grunde gut seien. Was jedoch nicht impliziert, dass sie auch tatsächlich gut sind.

Die Idee des Guten beinhaltet ein Ideal. Dieses stellt sich als unveränderlicher Wert dar, so wie 1 und 1 immer 2 bleibt, verändert sich auch der Wert des Guten nicht und kann als oberste Idee gedacht werden.

Der Wert hat bei Platon immer etwas mit Ethik zu tun, also mit der Lehre vom richtigen Handeln und Wollen.

Da Menschen aber von Stimmungen, Leidenschaften, Lust und Unlust hin und hergeworfen werden, hilft nur reines, vernünftiges Denken um richtig Handeln zu können, das Gute auch zu wollen, respektiv zu erzeugen.
Dies impliziert m.E. aber nicht das Ideal zu erreichen, da es ja nur zu schauen ist, ( Symposion) sondern sich dem Ideal zu nähern.

Der Versuch Zeugung im Schönen pauschal auf eine These zu bringen würde dann so aussehen:

Es gilt unter den gegebenen Umständen das Beste zu erreichen was möglich ist.

Gruß Angelia

Nauplios ( Gast )
Beiträge:

31.10.2004 15:23
#20 RE:Frage Antworten

Hallo Alban!

In der Rubrik "Fragen, Anregungen, Vorschläge" habe ich unter dem Thema "Hilfe" ein paar Hinweise gegeben, wie man sich im Hinblick auf neue Beiträge im Forum auf dem laufenden halten kann. Vielleicht helfen sie etwas, der Verwirrung Herr zu werden ...

Gruß

Nauplios

Alban ( Gast )
Beiträge:

31.10.2004 20:32
#21 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
nachdem wir uns artig bei Nauplios bedankt haben ("Vielen Dank, Herr N.!"),
möchte ich kurz antworten. Zuerst wollte ich (habe ich angesetzt) zur Lektüre in schlauen Wörterbüchern,
und das Platon-Lexikon von Olof Gigon und Laila Zimmermann (Platon. Lexikon der Namen und Begriffe, Artemis 1975) finde ich wirklich gut und instruktiv. Aber vielleicht sollten wir mal selber denken.
- Zeugung im Schönen, Akzent auf dem "Schönen": Die Beschreibung lässt mich doch sehr an körperliche Vorgänge denken, dass nämlich der wilde eros ganz klein und schrumpelig wird, wenn er auf Nicht-Schönes trifft.
- Zeugung oder Fortpflanzung im Schönen, der Sache nach: Da fällt mir auf, dass wir hier das Doppel-Wesen des eros bedenken müssten, nämlich das Begehren, das bekommen Wollen - und das sich Weitergeben, was ja mit Fortpflanzung verbunden ist, und dies beides zugleich. Dabei ist "das Schöne" ein sehr unbestimmter Begriff, der alles Begehrte, alles Gute, auch alles Nützliche umfassen kann. Ich denke, man kann hier an unsere (nicht nur meine?) Erfahrung anknüpfen, dass wir uns in so ein Forum begeben: Du suchst etwas, was dir fehlt, begehrst also, wünschst Austausch, Annäherung, Einsicht, und du willst zugleich von dir etwas geben, deine Einsicht zur Geltung bringen, verbreiten, fortpflanzen.
Es scheint mir auch, dass solcher eros, also die Verbindung von Bekommen und Geben, eine gute Metapher all unseres Strebens ist, dass wir uns also wirklich "erotisch" zu Welt verhalten, erotisch mit den anderen umgehen (besser ist das jedenfalls, als nur bekommen oder nur geben zu wollen - beides ist "krank").
- Die Idee des Schönen sollten wir getrost aufgeben; da denkt Platon verquer logisch, meine ich, onto-logisch, während wir bio-logisch denken sollten:
Auch als Lebewesen nehmen wir Dinge auf, stoßen wir Dinge ab, suchen wir Situation, meiden wir Situation, ohne dass wir auf anderes als auf unser Wohlergehen bezogen wären; und wir brauchen auch die Abwechslung, weil "semper idem" langweilt oder weil "der Grenznutzen" mit steigendem Gebrauch abnimmt: Wenn du Durst hast, schmeckt das erste Bier deutlich besser als das achte. Die verquere Argumentation, dass wir auch in unseren Glücksmomenten vom Körper gelöst werden, kann man gut bei Aristoteles in der Nik. Ethik studieren (und widerlegen, denke ich).
So, das war das Selbstgedachte; man kann natürlich "eros" von Gigons Hinweisen aus (auch in Parallele zu "Freundschaft") vertiefen, aber das wollte ich heute Abend (noch) nicht tun.
Gruß, Alban (eigentlich müsste ich mich ja Alban-ero nennen!?)

Angelia ( Gast )
Beiträge:

31.10.2004 23:58
#22 RE:Frage Antworten

Aber vielleicht sollten wir mal selber denken.

Hallo Alban

also dein Vorschlag des selber denkens gefällt mir ja gut
ich hoffe ja nur, dass ich dann nicht wieder Schelte bekomme, wenn ich ausversehen eine Kapazität der Philosophie oder Literatur subjektiv, refelektorisch dekonstruiere
( kleiner Scherz ) aber Philosophie sollte ja auch Spass machen.

Also dann will ich mich Mal ans denken begeben Das kann aber etwas dauern.

Gruß
Angelia


Alban ( Gast )
Beiträge:

01.11.2004 21:12
#23 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
bezüglich der Bedeutung des Erotischen ist mir eingefallen (aufgefallen), dass eigentlich ein streng verstandenes "erotisches" Philosophieren und die Idee des Aufstiegs zur Schönheit an sich (usw.) sich nicht vertragen, bzw. dass die Idee des Aufstiegs ein recht enge Interpretation erfährt.
Wenn auch unser Denken und Philosophieren "erotisch" ist (einfacher mit Goethe gesagt: einatmen und ausatmen), dann sind wir einerseits von unseren Fragen aus an den wahren Antworten interessiert; anderseits erweisen sich alle Antworten als korrekturbedürftig, zu neuen Fragen herausfordernd und so weiter - letztlich "aporetisch", sagt man so schön.
Was heißt das? Man könnte dieses "Scheitern" des Denkens (quasi zynisch) dahin interpretieren, dass es sowieso egal sei, was und wie jemand denkt, es komme halt nur auf den Erfolg an (also: die sophistische Lösung, wie wir sie kennen gelernt haben - lassen wir die historische Gerechtigkeit beiseite). Wenn man dem widersprechen will, muss man die Möglichkeit von Wahrheit behaupten - und das kann man mit dem Bild des Aufstiegs zur "wahren" Schönheit oder zur Schönheit an sich und so weiter. So verstanden wäre die Idee des Aufstiegs nur der Versuch, innerhalb der Erfahrung, aporetisch zu denken, an der Idee der Wahrheit und am Sinn des Denkens festzuhalten.
Einen wichtigen Aufsatz, der die Frage der Möglichkeit des menschlichen Glücks ähnlich behandelt, schätze ich seit vielen Jahren: Michael Landmann: Melancholien der Erfüllung, in: ders.: Anklage gegen die Vernunft. Klett 1976, S. 208 ff. Wenn du diesen Aufsatz resp. das Buch besorgen kannst, wirst du, so prophezeie ich, ihn mit Gewinn lesen.
Ähnliche Töne wie die hier von mir angeschlagenen kann man natürlich auch in Blumenbergs Sprache artikulieren, aber das braucht uns jetzt nicht zu interessieren.
Gruß, Alban(ero)

Angelia ( Gast )
Beiträge:

02.11.2004 22:02
#24 RE:Frage Antworten

Hallo Alban

Vielen Dank für die Aufsatzempfehlung von Michael Landmann. Ich werde mir den Aufsatz schnellstmöglich besorgen. :-)

Es ist gar nicht so einfach sich von einem Text zu lösen und Zeugung oder Fortpflanzung im Schönen mit dem Wesen des Eros als Mittel zwischen begehren - besitzen und weitergeben von etwas selbst zu durchdenken. Deshalb bin ich dankbar für deine weitere Anregung.

Ich weiß nicht, ob der Aufstieg zum Schönen, Guten usw. als solches nur enge Interpretationsmöglichkeiten zu lassen und sich somit nicht mit der von uns in diesem Kontext definierte “erotische” Denkart verträgt, oder ob der Begriff Aufstieg zum ... das erosartige Denken impliziert.

Einerseits ist z.B. der Aufstieg zum Schönen usw. an sich nachvollziehbar.
Ich würde Aufstieg mit der normalen Entwicklung vom Kind über den Erwachsenen zum Greis ( den Tod klammere ich jetzt mal bewusst aus ) mit einem Reifeprozess gleich setzen. So habe ich auch Teile der Rede der Diotima interpretiert. Von diesem Standpunkt aus würde ich sagen, Wahrheit oder das was man für Wahrheit hält, entwickelt sich proportional zum Reifeprozess. Nun scheint mir andererseits ein Reifeprozess nicht als strikte, lineare in vitro Angelegenheit, sondern günstige und ungünstige Faktoren sowie Umstände spielen eine Rolle. Wie ist da ein kontinuierlicher, linearer Aufstieg möglich?

Genau so könnte ich fragen, wie kann es überhaupt Wahrheit geben?
Ist Wahrheit in vitro ( also im Reagenzglas )erzeugbar oder anders, können wir durch unser Denken überhaupt Wahrheit erzeugen? Ist Wahrheit logisch? Ist etwas nur dann wahr wenn es auch schön oder gut ist? Ist Wahrheit an Bedingungen geknüpft? Und wenn ja an welche? Und was ist dann das wahrhaft Schöne und Gute?

Siehst du und schon renne ich mir den Kopf an meinen eigenen Gedanken ein, zweifle an meinem IQ und bin glücklich, dass es noch so etwas wie EQ gibt. Emotionale Intelligenz :-))

Also ich denke, Erotik an sich, ( ob rein körperlich oder auch geistig) begehren, etwas haben wollen, etwas weitergeben wollen ist eine höchst emotionale, instinktive Angelegenheit, genau so, wie die Bereitschaft zu empfangen, auszutragen und gebären wollen und zu welchem Zweck? Es scheint mir doch um das Leben an sich zu gehen ....

Na ja ... Hmmmm... Bis hier hin erst mal.

Grüße Angelia

PS : macht Spaß :-)) und eigentlich wollte ich noch ein paar gewagte Thesen offerieren, aber ich dachte es wäre klüger den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten.

Angelia ( Gast )
Beiträge:

02.11.2004 22:18
#25 RE:Frage Antworten

Ich bin es nochmal Alban

ich überlege gerade, ob wir mit unserer Diskussion nicht ein neues Thema aufmachen sollen. Vielleicht können wir die letzten Postings umhängen oder so. Ich weiß nur nicht wie das geht.

Grüße Angelia

Alban ( Gast )
Beiträge:

05.11.2004 16:33
#26 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
ich war ein paar Tage vom Netz abgehängt, daher antworte ich erst jetzt.
Den Aufstieg verstehe ich anders als du: als ein Übersteigen einer sonst gegebenen Schranke, als ein Neues, nicht als Reifung.
Auch meine ich, dass das Erotische nicht instinkthaft, wohl aber "natürlich" ist ist, Lebensvollzug - in Analogie zum Erotischen im engeren Sinn verstanden. Es gibt also durchaus so etwas wie einen pädagogischen Eros.
Ich denke, wir sollten ruhig hier bleiben, weil wir ja im Umkreis des platonischen Gastmahls schwelgen -
ansonsten müsstest du Nauplios fragen, was du tun musst, um etwas zu verschieben.
Lass mal deine gewagten Thesen hören.
Alban/ero.

Angelia ( Gast )
Beiträge:

06.11.2004 05:17
#27 RE:Frage Antworten

Guten Morgen Alban

>ich war ein paar Tage vom Netz abgehängt<

Windows update gemacht ;-) ?

Alban

>Den Aufstieg verstehe ich anders als du: als ein Übersteigen einer sonst gegebenen Schranke, als ein Neues, nicht als Reifung. Auch meine, dass das Erotische nicht instinkthaft, wohl aber "natürlich" ist , Lebensvollzug - in Analogie zum Erotischen im engeren Sinn verstanden. Es gibt also durchaus so etwas wie einen pädagogischen Eros.
.<

Zu meinem besseren Verständnis wie meinst du das genau?

Meine gewagte These lautet, das Urschöne ist das Leben an sich.

Aber mit den Erläuterungen warte ich noch bis ich dich besser nachvollzogen habe.

Gruß Angelia

Alban ( Gast )
Beiträge:

07.11.2004 23:46
#28 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
da ich einen Mac habe, bleiben mir die windows-Erfahrungen erspart. Nein, ich musste meinen rooter mal ein- und ausstöpseln, dann ging er wieder (kleines Netzwerk im Haus).
Also, "das Schöne an sich" ist ja wohl etwas anderes, auch der Art nach anderes als ein eine schöne Frau, ein schöner Gedanke usw.
Diesen Unterschied zu begreifen oder zu vollziehen nenne ich: Übersteigen einen Schranke. Denn streng genommen gibt es ja nur schöne einzelne Dinge und Taten.
Dass EROS nicht nur im Erotischen gilt, sei ein Ergebnis der Reden beim Gastmahl, dachte ich: ein Lebensgesetz - das demnach auch im pädagogischen Bereich gelten müsste, genau wie im moralischen usw. Es geht um den unlösbaren Zusammenhang zwischen geben wollen / bekommen wollen.
Was wiederum das Leben an sich ist, verstehe ich nicht: du lebst, ich leben, die Maikäfer ebenso... Aber das Leben an sich?
Gruß, alban/ero

Angelia ( Gast )
Beiträge:

08.11.2004 20:10
#29 RE:Frage Antworten

Hallo Alban

>Also, "das Schöne an sich" ist ja wohl etwas anderes, auch der Art nach anderes als eine schöne Frau ein schöner Gedanke usw.<

Ja, etwas was an sich ist, ist in seiner Form unveränderlich, etwas ewig Seiendes, etwas, das unsterblich ist. Es ist in seinem Wesen immer so wie es ist. Also mir fällt doch tatsächlich aus dem Reich der objektiven Gegenstände kein Beispiel ein, was nicht veränderlich ist.

Aber zum Beispiel die Traurigkeit, wenn ich als Objekt sage ich bin traurig, dann bin ich irgendwann auch mal wieder nicht traurig. Aber die Traurigkeit selbst, bleibt immer so wie ist, das Wesen der Traurigkeit bleibt. Das weiß jeder, der sich ihr hingibt, unvermittelt von ihr getroffen wird, aber auch derjenige, wenn vielleicht auch unbewusst, der versucht ihr wie auch immer zu entfliehen.

Ich habe die Traurigkeit extra gewählt, denn sie scheint mir uns Menschen komischerweise eher als Begriff nachempfindbar. Oder auch das Schlechte und Böse. Ich denke fast, dass man das was man vermeiden will vielleicht besser kennt, als das was man anstrebt. Wenn ich mir überlege wie viel Energie und Gedanken dafür verwendet wurden, das Böse zu besiegen und fern zu halten oder das Schlechte, und wenn ich bedenke, was schon allein in den Tageszeitungen steht und in wie vielen Gesprächen es darum geht, was Alles schlecht ist, falsch, nicht gut, dann scheint m.E. dem Menschen das Schlechte, Hässliche und Böse gut bekannt zu sein. Vielleicht ist es auch eine Eigenart, die uns die Evolution mitgegeben hat, denn Phänomäne, die man sich nicht erklären kann und vor allem nicht beherrscht, machen Angst und Angst wiederum ist ein archaischer Instinkt. Alarm -Alarm bring dich in Sicherheit, denn du willst ja ... Was? ... Überleben.

Also wenn uns doch das Böse, Schlechte usw. als etwas was an sich schlecht, böse usw. im tiefsten Inneren so vertraut ist, dann muss es doch auch das Gute und Schöne sein.

Was mir auch aufgefallen ist, versuche ich nachzudenken was Urschön ist, es begrifflich zu fassen ohne mich an Klischees zu halten, und da gibt es derer viele, dann rinnen mir die Gedanken dahin, fast so, als würde sich das Urschöne in sich zurück ziehen und sich weigern formuliert zu werden.

Weißt du, ich finde, wenn ich will, tausend Definitionen im Internet über das Urschöne, aber das nützt mir irgendwie nichts, wenn ich meine eigenen Formulierungen finden will, flutschen sie mir weg.


Aber da sind die Erinnerungen an Momente und Augenblicke ... Ich vergleiche das gern mit einem Wissenschaftler, der Stunden damit zugebracht hat den Sternenhimmel durch ein Teleskop zu beobachten, zu rechnen und zu messen, uns Ottonormalverbraucher berichtet was da oben in einzelnen so los ist, wie das ltd. genauer Beobachtung abgeht und dann in Ruhe, ohne jegliche Hilfsmittel in den Himmel schaut und sich der Unendlichkeit des Universums bewusst wird.
Etwas, das schon immer da gewesen zu sein scheint und immer sein wird. Es lebt dadurch, das es sich verändert, Sterne sterben, neue Galaxien entstehen. Es ist ein beständiges werden und vergehen - es lebt - über uns hinaus.

Zwei Dinge können einem bewusst werden, oder mehrere, dass Leben nur als solches beständig ist, weil es sich verändert, weil es beständiges werden und vergehen ist.
Man selbst ist ein Teil davon, aber nicht mehr, und es kann sich eine unendliche ´Traurigkeit breit machen, denn es kann sein, dass man sich der eigenen Endlichkeit bewusst wird.

Vielleicht ist man ergriffen, von dem was man im Weltall gesehen hat und trotzdem nicht fassen kann, aber man begreift, es ist wunderschön... Ein Wunder und schön - und wird es auch noch sein, wenn ich nicht mehr bin.

Wie kann man dann noch etwas tun was kontraproduktiv für das Leben ist?
Das könnte ein pädagogischer Ansatz sein.

Das übersteigen der Schranken könnte ein über sich selbst hinausdenken sein und ein Erotiker ist ein vom Wesen des Lebens ergriffener, der zeugen will auf Teufel komm raus, im Schönen, im Guten, nicht nur körperlich sondern auch im Geist und in seinem Handeln, bewusst, mit seinem ganzen Wesen. Da aber auch seine guten Vorsätze immer wieder vergehen, müssten sie rein theoretisch auch immer wieder werden - erzeugt werden, ausgetragen und geboren werden. Das Ganze um letztendlich nur, um für einen winzigen Augenblick Teil der Unsterblichkeit zu werden. Aber besser als nix. J

Gestern hat Nauplios im Chat die Geschichte vom Brunnensturz des Thales erzählt, warum in die Ferne schweifen wenn das Gute liegt so nah.... Es bringt nichts, wenn man Leben als solches vielleicht begreift aber es dann letztendlich nicht tut, leben meine ich und vor allem gut und schön.

So Albanero ... Ich hoffe doch, ich habe hier eine halbwegs schöne Kopfgeburt zustande gebracht. Jetzt muss ich mich erst Mal von der erholen.

Gruß Angelia

Alban ( Gast )
Beiträge:

08.11.2004 22:58
#30 RE:Frage Antworten

Hallo Angelia,
alles, was du zum Urschönen sagst, kann mich nicht von meinem Gedanken abbringen, dass es sich nicht mit der erotischen Dialektik verträgt.
Ein lästerliche Bemerkung (Beobachtung) zum Sturz des Thales:
Wir finden das gleiche Motiv bei den Fabeln des Äsop (resp. denen, die ihm zugeschrieben werden):
Antike Fabeln, hrsg. von Johannes Irmscher. Aufbau Verlag: Berlin 1999 (= 1978), Nr. 40: Der Sternkundige.
Wenn man sie liest, wird man diese Geschichte einem Typus von Erzählungen zuordnen, die in einem witzigen Wortspiel enden:
"Lieber Freund,
du bemühst dich, was im Himmel ist, zu ergründen,
und übersiehst dabei, was es auf Erden gibt."
Achte auch auf den schönen Chiasmus!
Fazit: ein wanderndes Motiv, nichts Thales-Spezifisches (meine neueste Erkenntnis, aus dem Deutschunterricht in Kl. 11) - aber vielleicht doch etwas Philosophie-Spezifisches?
Gruß an dich, alban/ero

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