Am AOL-Board Philosophie geht es zur Zeit um Bildung. Die Frage danach, was lehrbar ist und was nicht, hat ja auch Plato im Symposion beschäftigt. Der Altphilologe Werner Jaeger ist dieser Frage in einem berühmten Standardwerk nachgegangen - Paideia . Daraus wird verständlich, was die griechische paideia und das im Anschluß an Goethe, Herder oder Lessing sich entwickelnde "humanistische Bildungsideal" zusammenhält. Heute gerät dieses "Ideal" unter den Druck einer zunehmend von ökonomischen Zwängen bestimmten Gesellschaft. Das, was einstmals "Bildungsbürgertum" genannt wurde, verliert seine soziokulturelle Integrationskraft; Schulen und Universitäten sollen zum Rekrutierungslager für die Ökonomie umgewandelt werden, deren Anforderungsprofile wie selbstverständlich die Bildungsdiskussion bestimmen.
Bildung - das ist nicht nur ein Thema der Philosophie oder philosophischen Anthropologie. Der französische Soziologe und Ethnologe Pierre Bourdieu hat dem Thema Bildung einige Aufmerksamkeit gewidmet - etwa in Homo academicus oder in Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes oder in seinem letzten Buch Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft . Ich möchte Euch vorschlagen, daß wir uns ein wenig mit der Feld- und Habitustheorie Bourdieus befassen und uns dem Thema Bildung vielleicht auch einmal von einer soziologischen Seite her nähern. Bourdieu bezieht sich dabei häufig auf Flauberts L´Education sentimentale - besonders in Die Regeln der Kunst . Dieser Roman hat im Deutschen unterschiedliche Titel: Lehrjahre des Gefühls oder Die Erziehung des Herzens ... Es geht darin (mal wieder) um die Liebe und der Roman knüpft damit an unser Thema aus der Philosophischen Lektüre 1 an ...
Was spricht in den warmen Augustnächten, wenn die Grillen zirpen und die Brunnen leise plätschern, gegen einen Liebesroman?
Rubriken, in denen Flaubert, Bourdieu und auch das Thema Bildung besprochen werden kann, gibt es genug. - Das Thema Symposion ist damit natürlich keineswegs abgehakt. Ich selber arbeite zur Zeit an einer Übersetzung von Auszügen aus der Rede Diotimas, die ich Euch als pdf-Datei zuschicken will .... wenn sich die technischen Probleme mit den griechischen Minuskeln lösen lassen ...
"Ich selber arbeite zur Zeit an einer Übersetzung von Auszügen aus der Rede Diotimas, die ich Euch als pdf-Datei zuschicken will .... wenn sich die technischen Probleme mit den griechischen Minuskeln lösen lassen"
Da hast du dir eine Menge Arbeit vorgenommen Ich finde es mehr als anerkennenswert,dass du dich an diese Aufgabe wagst. Gerade diejenigen,die nicht der griech. Sprache mächtig sind.. so wie ich..., freuen sich auf das Ergebnis .
In diesem Sinne
best wishes
Temp =)
the opposite of blues is celebration - don´t walk in my shoes if you don´t know
da liegt leider ein schwerwiegender Irrtum vor: bei meinen kürzlich durchgeführten Reisen nach Milet, Elea und Abderra, mithin den Geburtststätten der westlichen Vernunft, mußte ich mit Erstaunen feststellen, daß die Vernunft ein hundertprozentiges "Kind" der Ökonomie und des Handels ist. Alle drei Städten, die auch Ausgangsstädten der Bildung sind, waren jeweils die größten Marktplätze Ihrer Zeit und Region. Milet entwickelte schon, 540 vor Christus ein Bankenwesen, schon 200 Jahre vor Christus wird eine Art erster "Weltmarkt" entstanden sein, indem der Preis von Getreide bei gutem Wetter über alle Inseln von Milet bis Athen geblinkt wurde. Es gibt keine Philosophie ohne Wirtschaft. Schon 200 Jahre vor Christus steht in Ephesus eine Bibliothek mit 2000 Bänden. Die Göttertempel sind in die Sommerpaläste römischer Herrführer umgewandelt, der Marktplatz spült tausende von Menschen in die Stadt. Zeichen auf den alten Steinen zeigen an: wenn Du Geld hast, geh zur Dirne in diese Richtung, hast Du aber kein Geld, geh hierhin in die Bibliothek. Die Unterstellung, die Ökonomie unterdrücke die Bildung ist falsch. Nur der enorme freie Handel bot den Grund, den Menschen Lesen, Rechnen und Schreiben beizubringen. Ich sehe natürlich was Du vermutlich meinst: die Vernunft des Westens muß mehr bieten als freien Weltmarkt als Ideologie. Aber die Menschen in Milet,Elea und Abderra waren Menschen, deren Religionsglaube erschüttert war, man mußte so tun, als habe man den Glauben des jeweils Herrschenden, heute mußte man mit dem Perserkönig auf Zarazustra anstoßen, am nächsten Tag mit den Griechen dem Zeus opfern. Es war eine Frage des Überlebens. Und aus dem Überleben, untrennbar wie der Schatten mit Objekt verbunden, wurde der Marktgedanke geboren und ein UNHEIMLICHER Erfolg. Wird dieser Erfolg zähmbar sein, oder kommt ein neues Mittelalter? Eines ist klar - gegen die Ökonomie gibt es nur ein neues Mittelalter - die Bush Wähler wollen es bereits. Aber dazu ein andermal mehr. Beste Grüßé MisterDelphi Wissen ist wertvoll