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  • Eros und GötterbilderDatum23.10.2004 23:21
    Foren-Beitrag von isabelle im Thema Eros und Götterbilder

    Lieber Nauplios,

    Nestle versteht unter Befreiung des Geistes sicher etwas anderes, als das was ich zum Ausdruck zu bringen versuchte. „...die Geschichte der allmählichen Zersetzung des griechischen Götterglaubens durch die Philosophie ...“ - so beginnt er das Vorwort seines Buches „Griechische Geistesgeschichte“ - ist m.E. nach eben dies nicht. Die mythische Götterwelt ist nämlich nicht durch die Philosophie zersetzt worden, sondern sie ist aus sich selbst heraus brüchig geworden, wie ein paar Schuhe, die lange getragen gute Dienste leisteten und dabei arg strapaziert wurden und schließlich Neue nötig machten. Die Philosophie ist dieser neue Schuh, der aber erst passend gemacht werden muss. Neue Schuhe für die Füße sind schnell beschafft oder gemacht, aber ein dem Leben in Mythen vergleichbares Leben in der Philosophie, in dem möglichst alle Menschen zu Hause sein können, ist nicht so schnell herzustellen. Die vorsokratischen Naturphilosophen, auch Platon und Sokrates – und neben ihnen vermutlich noch andere, die unbekannt in der Geschichte verschwunden sind – sollten daher eher als mehr oder weniger geglückte Versuche ihrer Zeit angesehen werden, um dem auf dem Boden des Mythos gewachsenen menschlichen Bewusstsein ein adäquateres Werkzeug an die Hand zu geben, mit dem es die Natur, sich selbst und die Götter auf neu bemessene Weise begreifen und verstehen könne. Entwicklung und Veränderung heißt aber schon beim einzelnen Menschen nie automatisch Fortschritt. Ob nämlich geistig-seelische Umbrüche zum Glück eines Menschen ausschlagen, hängt davon ab, was er darin Wesentliches für sein Mensch-Sein zu leisten in der Lage ist. Leistungen, die in geistigen Umbruchszeiten von Gesellschaften und Völkern erbracht werden müssen, verlangen eine ungleich höhere Anstrengung. Die Griechische Philosophie ist dabei nur sehr vereinzelt erfolgreich gewesen. Mehrheitlich hat sie sich in eine naturphilosophische Einseitigkeit begeben, die der mythischen Komplexität der Deutung und Bewältigung von Natur-Mensch-Gott nicht annähernd zu vergleichen ist, aber seit Jahrhunderten als philosophischer Fortschritt gepriesen wird. Der geistig-seelischen Innerlichkeit als Realität – von der u.a. die platonischen Ideen handeln - hat sich die Philosophie weithin versagt – und so ist davon auch in der Philosophie außer einem kargen Denken nicht viel übrig geblieben. Ganz zu schweigen von den Göttern – diesen Bereich hat die Philosophie inzwischen resigniert in den Bereich des bloßen Für-Wahr-Haltens verschoben. Die Hohlheit einer solchen Philosophie, die fast alle geistigen Inhalte aus dem sinnlich wahrnehmbaren Bereich empfängt, mit der Folge, dass der Kreativität des Geistes und der Seele nur noch das Spekulative bleibt, hat Nietzsche zurecht kritisiert. Seine Hinwendung zur Ästhetik mit dem Ziel, darin metaphysischen Trost zu finden, halte ich für eine Sackgasse. Denn die Macht der Ästetik kann sich nur da voll entfalten und zu einem gestaltenden Element des Menschenlebens werden, wo sie eingebettet ist in einen größeren Sinnzusammenhang.

    gruß
    isabelle

  • Eros und GötterbilderDatum17.10.2004 22:07
    Thema von isabelle im Forum Philosophische Lektüre 1

    Will man sich mit heutigen Augen den platonischen Eros verstehen, so gilt es alles, was dem geistig-seelischen Entwicklungsstand des Menschen der griechischen Klassik zukommt und für uns heute als überholt zu gelten hat, zu erkennen und beiseite zu lassen.
    Wenn Diotima den Eros als Daimon bezeichnet und ihm eine Mittlerrolle zwischen den Göttern und den Menschen zuerkennt, dann verwendet sie zwar traditionelle mythische Bezeichnungen und Bilder, meint aber auch schon das, was dieser „Erreger“ wie er bei Parmenides genannt wird, jenseits seines Wirkens in der Natur im Menschen selbst erregt, nämlich eine geistig-seelsiche Bewegung von innen heraus, die als Psyche bezeichnet, noch im Jahrhundert davor ausschließlich das Blut meint. Damit ist ein wichtiger Schritt vom ausschließlich auf das sinnlich Wahrnehmbare fixierte mythische Geistesleben hin zu einer befreiten Wahrnehmung der eigenen unsinnlichen Geistigkeit geschafft. Der Mensch wird so in die Lage versetzt, Distanz zur Natur und Nähe zu sich selbst zu schaffen.

    Die Analytische Psychologie des letzten Jahrhunderts hat auf Grund ihrer empirischen Forschungen festgestellt, dass in der Psyche des Menschen eine bewusstseins-unabhängige inneren Bewegtheit mit einer ihr eigenen Zielgerichtetheit und Gesetzmäßigkeit wirksam ist. Ähnlich „erregend“ verhält sich der platonische Eros in der Seele des Menschen. Die Rede des Alkibiades im Symposion dokumentiert, dass auch die Götterbilder nicht mehr draußen, sondern im Menschen zu finden sind. Dies ist eine weitere Befreiung des Menschen. Nun muss man Naturereignisse nicht mehr als Willensbekundungen der Götter interpretieren, sondern kann – was ja dem platonischen Streben nach Wissen entgegenkommt Naturobjekte, -ereignisse und -prozesse mit den eigenen geistigen Mitteln ergründen und erklären. (vgl. die Vorsokratiker] Und mehr noch, indem man die Bilder der Götter, im Menschen suchen und finden und kommt man ihrem eigentlichen Sinn ( z.B. im Höhlengleichnis) einen weiteren Schritt näher.

    Ob es zutrifft, dass Eros und Götterbilder wie an Sokrates beispielhaft verdeutlicht, auch in unserem Inneren zu finden sind, wird gemäß des Rates des Sokrates nur durch Selbsterkenntnis herauszufinden sein. „An jenem Ort der Seele, wo Lebenskraft, Vernunft und Wissen ihren Sitz haben, wird der Mensch sich selbst erkennen.“, erklärt Sokrates im Gespräch mit dem erst zwanzigjährigen Alkibiades. (Platon: Alkibiades I, letzter Abschnitt)

    gruß
    isabelle

  • Symposien im 6./5. Jh. v.Chr.Datum18.09.2004 16:34
    Foren-Beitrag von isabelle im Thema Symposien im 6./5. Jh. v.Chr.

    Wein wurde mit Wasser vermischt, oft wurden noch Kräuter und Gewürze hinzugefügt, um ihn geschmacklich angenehmer zu machen, denn er war vermutlich noch nicht so „rund“ wie heutige Weine. Außerdem wollte man dadurch vielleicht der Gefahr des Betrunkenseins etwas vorbeugen.

    Älian (V.H. XII, 31) zählt neun berühmte Weinsorten auf . Im arkadischen Heräa wuchs einer, der die Männer wahnsinnig und die Weiber fruchtbar machte, auf Thasos einer, der sanften und tiefen Schlaf brachte und ein anderer, der den Schlaf raubte usw.

    Der griechische Mann der archaischen, klassischen und hellenistischen Antike führte sein Leben und verbrachte auch seine Freizeit– und so ist es ja auch heute noch eingeschränkt zu beobachten – mit anderen Männern zusammen. Trinken alleine galt als Ausdruck der Trunksucht und war verpönt. Auch das kann man heute noch in Griechenland beobachten.

    Auch wenn religiöse Bezüge im Laufe der Zeit zunehmend verschwanden und kultische Handlungen zu Ritualen verkümmerten, erinnerten „Weinspende“, „Trinksprüche“ und „Trinklieder“ zu Ehren eines Gottes oder mehrerer Götter noch Jahrhunderte nach Xenophanes an die ursprüngliche Mitte nicht nur des politischen, sondern auch des geselligen Lebens.

    Danke für das schöne Vasenbild, das etwas ganz Besonderes ist.

    Es erinnerte mich auch an die Möglichkeit tragischer Symposien. So berichtet der schon oben erwähnte Älian von drei durch Luxus verarmten vornehmen Athenern, welche einander gegenseitig den Schierling zutranken und aus dem Leben schieden »wie aus einem Symposion«. ( Älian V.H. IV, 23.)

    isabelle

  • Symposien im 6./5. Jh. v.Chr.Datum06.09.2004 18:01
    Thema von isabelle im Forum Philosophische Lektüre 1

    Das Symposion war neben den öffentlichen Festen und Feiern der Ort privater Geselligkeit. So unterschiedlich die Anlässe, so unterschiedlich auch die Formen und Abläufe. In der Regel lud man vorher dazu ein; es war aber durchaus üblich Ungeladene mitzubringen und Symposien ganz spontan und ohne Anlass zu feiern.

    Eine vermutlich ältere Form, die - nimmt man die Beschreibung des Xenophanes dazu - im 6./5. Jhd.v.Chr. verbreitet war, verwendete Plutarch in seinem fiktiven Gastmahl der Sieben Weisen.
    Nach dem Essen versammelte man sich am Hausaltar, reichte Becher noch ungemischten Weines herum, von dem man bloß nippte, und schleuderte den Rest als Weinspende für Dionysos, dem vitalen Gott des Weines, über den Altar in den Raum. Begleitet von einer Flöte, sang man kultisch-rituelle Lieder. Im Anschluss an den kultischen Eingang, machte man es sich auf Klinien (Liegen) gemütlich, gemischter Wein wurde gereicht, „Skolien“ gesungen, improvisiert, neu erfunden: »Trinke mit mir und sei jung mit mir und liebe mit mir und trage mit mir den Kranz! Sei töricht mit mir und sei wieder weise, wenn ich weise bin«

    Schließlich einigte man sich manchmal unter Leitung eines gewählten Symposiarchen über den weiteren Verlauf. Dieser hing von der Zusammensetzung und dem Interesse der Runde ab und reichte von vergnüglichen Rätselspielen, Tanz und Musik über alltägliche Konversation bis zu politischen und philosophischen Gesprächen. Dies alles ist mit einer sehr entschiedenen Höflichkeit verbunden gewesen, denn Takt galt als anmutige Gabe der Götter. Es war kein Frevel dem Weine zuzusprechen, so erklärt schon Xenophanes von Kolophon, doch solle man dies immer nur so weit tun, „dass man noch ohne Hilfe nach Hause komme“. Einen Ratschlag, den man nach menschlicher Art nicht immer beherzigte, sonst hätte ein Dichter eine seiner Personen nicht weise sagen lassen: „Ja wenn der Kopfschmerz schon vor dem Rausche käme, wäre niemand unmäßig«, (Alexis bei Athen . X, 34.)

    isabelle

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