Liebe Forumsteilnehmer
am vergangenen Samstag hatte ich zusammen mit Temp die Gelegenheit, Heidelberg, die Stadt mit der ältesten Universität Deutschlands (seit 1386) zu besuchen. Die optischen Eindrücke von Kultur und Historie sowie die erlebte Kurzweil inspirierten mich zu folgendem kleinen Reisebericht:
Heidelberger Impressionen
(aus Tons Notaten)
An jenem besagtem Samstag, dem 18. Juni stiegen Temp und ich bei flirrender Hitze am Heidelberger Hauptbahnhof aus dem Zug. Ausgerüstet mit Rucksack, Stadtplan und Sonnenbrille strebten wir mit eisernem Willen zum kulturellem Zentrum, der Altstadt. Nach schweisstreibender Busfahrt begannen wir unseren Rundgang am Universitätsplatz.
Vom eigentlichen Interesse geleitet, einige Postkarten zu erwerben, entdeckte Temp einen Buchladen. Sie diskutierte angeregt mit der Buchhändlerin über ausgewählte, altgriech. Wörterbücher mit dem Resultat, dass wir uns vor der philologischen Abteilung im ersten Stock wiederfanden. Ich war mir durchaus der Tatsache bewußt, dass etwaige Erfrischungs- getränke noch eine Weile auf sich warten lassen würden und ließ das literarische Ambiente auf mich wirken.Ein Regal mit annähernd 250 Büchern entfachte Temps Enthusiasmus. Sie lächelte während sie drei Bücher mythologischen Gehalts in meine Arme legte und mir die Eingangssequenz aus Platons Politeia vorlas. Bevor wir den Laden verliessen verwies ich auf umfangreiche Materialien zur Literatur-theorie. So traten wir ins gleissende Tageslicht mit fünfzehn Büchern!
Zielstrebig steuerten wir eine schattige Bank an und nahmen unsere Ausbeute in Augenschein. Die Kühle des Ortes wirkte belebend und wir fühlten uns nun in der Lage, die weit über die Grenzen Heidelbergs berühmte Universitätsbibliothek anzusteuern. Die architektonischen Besonderheiten des Gebäudes konnten lediglich von aussen fotografiert werden.
Das Innere des Gebäudes wird von einer breiten, ausladenden Marmortreppe dominiert. So begann der Aufstieg zu den Inkunabeln, die sich an einem gesonderten Ort, rechts vom Skriptorium befinden. In einem klimatisierten Raum stehen an jeder Wandseite Vitrinen, die die Exponate enthalten. Schedels Inkunabeln hatten es uns besonders angetan - kündeten sie doch vom Ende der Welt. Ein weiterer Höhepunkt war die manessische Liederhandschrift.
Nach einer kurzen Stippvisite im Zeitschriftensaal verliessen wir das Gebäude, um bei einer kurzen Mittagspause die Eindrücke wirken zu lassen. Temp studierte den Stadtplan und inspirierte uns zu einem Exkurs zum Philosophenweg. Ich gab zu bedenken, dass der Aufstieg zum Philosophenweg durch den Schlangenpfad einen Höhenunterschied von mindestens 200 Metern bedeutete. Doch Temps Finger glitten über den Stadtplan und zerstreuten meine Bedenken.
Bei sengender Hitze gingen wir an den Gestaden des Neckars zur Altstadt-brücke, die - wie immer um diese Jahreszeit - von japanischen Touristen gesäumt war. Jenseits der Brücke erreichten wir den Schlangenpfad, den Einstieg zum Aufstieg. Gottlob, der zu bewältigende Höhenunterschied lag überwiegend im Schatten.
Temp stürmte in raschen Schritten voran, als wolle sie dem qualvollen Aufstieg ein möglichst schnelles Ende bereiten. Ich entschied mich für eine langsame, aber beständige Gangart. So trafen wir uns in ca. 50 Meter Höhe an einer Bank, mit rasselndem Atem, geröteten Köpfen und Perlen auf der Stirn, die beim Einfall von Lichtstrahlen glitzerten, bevor sie verdampften. Unser fester Wille, das Plateau zu erreichen, trug uns so Höhenmeter um Höhenmeter nach oben.
Erschöpft aber stolz auf die vollbrachte Leistung gelangten wir ans Ziel des Aufstieges, den Philosophenweg. Das Panorama, das sich uns bot, entschädigte für die vorangegangenen Strapazen. Licht und Schatten zeichneten die Konturen der Ausläufer des Odenwaldes bis in die Rheinebene hinein - ein magischer Moment!
So wandelten wir bis zur Dämmerung den Philosophenweg entlang und beschlossen den Abend in einer Schankwirtschaft.
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"Hoffnung, das ist die Illusionskraft der Seele, die in ihrer Illusion neun Zehntel des Glücks, das sie erwartet, vorweg genießt."(G.Hauptmann)